In der Corona-Krise wird selbst bei profitablen Unternehmen die Finanzierung zu einer Herausforderung. Fünf Tipps, wie Firmen ihre Liquidität sicherstellen können und Investoren sowie die eigenen Mitarbeiter von sich überzeugen.
- Flexible Planungen: Unternehmen sind es gewohnt, ihre Finanzierung langfristig zu planen und dabei unterschiedliche mögliche Entwicklungen zu berücksichtigen, die sich auf den Umsatz auswirken. In der jetzigen Corona-Krise, in der der Absatz wesentlich von Ereignissen abhängt, die das Unternehmen überhaupt nicht beeinflussen kann, wird es umso wichtiger, für die verschiedenen Szenarien jeweils eine eigene Liquiditätsplanung in der Schublade zu haben. „Das Stichwort sind hier die Buchstaben U, V und L“, sagt Fabien Dawidowicz, CFO des Softwareentwicklers Spendesk. „Die Form der Buchstaben bezieht sich dabei darauf, wie sich die wirtschaftliche Lage entwickelt. Tritt das Szenario V ein, erholt sich die Wirtschaft genauso schnell, wie sie eingebrochen ist. Bei U gibt es erstmal eine Phase der Stagnation, bevor wir wieder das Vorkrisenniveau erreichen, und sollte L eintreten, wird es leider erstmal keinen Aufschwung geben.“Der CFO rät Unternehmern für jedes dieser Szenarien zu planen, wie die Finanzierung dann jeweils möglich ist. „Ich würde lieber konservativ agieren und die Liquidität anhand von L aufstellen“, sagt Dawidowicz. „Sollte sich die Wirtschaft besser entwickeln, kann das Unternehmen dann die anderen Pläne aus der Schublade holen und die zusätzlichen Umsätze sinnvoll einsetzen.“ Damit die Konzepte immer auf den neuesten Stand sind, sollten Unternehmen diese mindestens alle vier Wochen aktualisieren und an die Entwicklungen in der Corona-Krise anpassen.
- Investitionen auf den Prüfstand stellen – aber nicht komplett streichen: In vielen Unternehmen sind die Umsätze in den vergangenen Wochen stark eingebrochen. In solchen Situationen ist es sinnvoll, die Kosten zu reduzieren. Doch Vorsicht: Sämtliche Investitionen zu streichen ist in der Regel keine gute Idee. „Wer seine strategischen Ausgaben streicht, läuft Gefahr, in Zukunft nicht mehr wettbewerbsfähig zu sein“, sagt Dawidowicz. „Solche Kürzungen sind zu kurz gedacht und langfristig ein Eigentor.“ Der CFO plädiert daher dafür, genau zu überlegen, welche Auswirkungen die Streichungen in welchen Bereichen hätten. Überall dort, wo die Ausgaben für die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells wichtig sind, sollten sie nach Möglichkeit nicht gekürzt werden. Das gilt beispielsweise auch für die Entlassung von Fachkräften. „Unternehmen, die jetzt am Personal sparen, werden im Aufschwung Probleme haben, alle Aufträge gut abwickeln zu können“, sagt Dawidowicz. Der Fachkräftemangel erschwere es zudem, wieder qualifizierte Angestellte zu finden. Besser sei es, Kosten in Bereichen zu kürzen, die nicht zentral für das Unternehmen sind. Das könnten etwa Marketingkosten sein oder Ausgaben für Betriebsfeiern. Manche Posten kürzen sich momentan außerdem quasi von selbst. Da Geschäftsreisen und Messen derzeit so gut wie gar nicht stattfinden können, benötigt man dafür auch kein oder kaum Budget.
- Viel kommunizieren: In Krisen herrscht immer viel Unsicherheit. Um diese zu verringern, ist Kommunikation wichtig. Dawidowicz rät Unternehmern, zuerst das Gespräch mit allen Gesellschaftern zu suchen, bevor sie sich an die Fremdkapitalgeber wie Banken und die eigenen Mitarbeiter wenden. In den Besprechungen sollte die Geschäftsführung ihre Finanzierungspläne für die verschiedenen Szenarien erklären. „Sieht die Bank, dass das Unternehmen bestmöglich auf die Zukunft vorbereitet ist, wird sie eher bereit sein, einen Kredit zu vergeben oder bei den Konditionen dem Unternehmen entgegenzukommen“, sagt der CFO. Hier dürfte Mittelständlern helfen, dass sie traditionell ein enges Verhältnis zu ihrer Hausbank pflegen. Doch das ist keine Garantie auf Verhandlungserfolg: Überzeugt das Unternehmen mit seinen Plänen und Zahlen nicht, wird die Finanzierung schwierig.
- Mitarbeiter einbinden: Zukunftsängste haben in einer solchen Krise nicht nur die Unternehmen selber, sondern auch die Mitarbeiter. Hier gilt wie bei den Investoren: Eine transparente Kommunikation ist wichtig. Die Angestellten sollten über die wichtigen Entwicklungen im Unternehmen informiert werden. „Für die Geschäftsführer ist es nicht leicht, die richtige Balance dabei zu finden“, sagt Dawidowicz. „Schließlich sollen die Mitarbeiter nicht unnötig mit negativen Entwicklungen beunruhigt werden. Daher rate ich dazu, nur das zu kommunizieren, was bereits feststeht, und nicht alle denkbaren Szenarien.“ Außerdem sollte die Nachricht immer in den Kontext eingeordnet werden, etwa welche Auswirkungen der Wegfall eines großen Auftrags auf die finanzielle Situation des Unternehmens hat. Leichter fällt die Kommunikation bei guten Nachrichten. Diese sollten aber ebenfalls eingeordnet werden. Mit einer einzelnen guten Neuigkeit die Mitarbeiter darüber hinwegzutäuschen, dass die Gesamtlage eigentlich sehr ernst ist, ist keine gute Idee.
- Eigenkapital erhöhen: Statt die Ausgaben zu reduzieren, können Unternehmen auch das Eigenkapital erhöhen, um ihre Liquidität zu verbessern. Mitunter kann es eine gute Idee sein, in einer Krise einen Investor mit an Bord zu holen. „Das rate ich allerdings nur Unternehmen, die vor der Krise gut dastanden“, sagt Dawidowicz. „Wer schon davor Probleme hatte, wird sich unter Wert verkaufen müssen, was nur dann eine Option sein sollte, wenn ohne den Investor die Insolvenz droht.“ Die Suche nach einem passenden Geldgeber ist allerdings alles andere als leicht. Schließlich sollte er zur Unternehmensphilosophie passen und mithelfen können, das Geschäftsmodell der Firma weiterzuentwickeln. Sollte dies gelingen, besteht eine gute Chance auf langfristiges Wachstum.